Die berühmten Friedberger Uhren sind die Glanzstücke im Wittelsbacher Schloss in Friedberg und Ideengeber der aktuellen Sonderausstellung zum Thema Zeit. In dieser bleiben sie indes ein wenig außen vor. Denn die Ausstellung möchte sich von der Zeit als mess- und einteilbarer Größe etwas entfernen und sich eher dem subjektiven Empfinden von Zeit und dessen Umsetzung im Bild zuwenden.
Dennoch dürfen natürlich – quasi als Exposition – Verweise auf bekannte Zeitmotive der Kunstgeschichte nicht fehlen: Jahreszeiten von Philipp Otto Runge, Darstellungen der mythologischen Figur des Chronos' als Herr der Zeit und immer wieder der Sensenmann und Gebeine als Symbol der Endlichkeit.
Diese stehen auch als visueller Paukenschlag und Zäsur in Form der schaurig-schönen Totenkopf-Uhr von Ferdinand Engelschalck, einer Prager Arbeit um 1720, am Übergang zur Sektion der Moderne und der zeitgenössischen Kunst, die mit dem ebenfalls spektakulären Porträt »Quo vadis?« des Italieners Massimiliano Pironti (Jahrgang 1981) eingeleitet wird; eine fast unheimlich realistische Momentaufnahme des Alters, aus der die Augen der dargestellten Person – die Großmutter des Künstlers – den Blick des Betrachters streng erwidern.
Speziell den flüchtigen Augenblick zu visualisieren, dafür ist natürlich die Fotografie zuständig, und folgerichtig ist dem Werk ihrer Pioniere ebenso Tribut gezollt wie dem gebürtigen Briten Tony Cragg, der sich an der »Verwischung« im Dreidimensionalen versucht.
In die Reihe der großen Namen in Friedberg reiht sich auch der des Spaniers Salvador Dalí ein. Die berühmten »weichen Uhren« sind zwar nicht in Form seines Hauptwerks »Die Beständigkeit der Erinnerung« von 1931 zu sehen – der finanzielle und Sicherheitsaufwand, dieses im Original zu beschaffen, wäre exorbitant gewesen – doch wird man mit einer Reihe von Bearbeitungen von Radierungen aus Francisco de Goyas »Caprichos«-Zyklus entschädigt, in denen dieses Motiv ebenfalls auftaucht.
Humorvoll, fast übermütig, lassen Maarten Baas und Maurits Boettger den Rundgang mit ihren Installationen ausklingen, und in Florian Schlumpfs schwindelerregendem Räderwerk »Zeitmaschine TM4« (Foto) manifestiert sich die neu hinzugekommene Sehnsucht des Homo faber, aktiv in den Lauf der Zeit eingreifen und ihre Augenblicke beliebig anordnen zu können.
Die Ausstellung »Augenblicke. Zeit in der Kunst«, gefördert vom Kulturfonds Bayern, läuft bis zum 20. Februar 2022.