Vorweg: Ich kann Ihnen nur empfehlen, diese Ausstellung zu besuchen. Man könnte diese Empfehlung dadurch begründen, dass der Künstler (Jahrgang 1969) Meisterschüler von Gerhard Berger an der Münchener Akademie der Bildenden Künste war, Lehraufträge an der Hochschule und Universität Augsburg hatte, dass seine Arbeiten mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet wurden und in verschiedenen öffentlichen wie auch namhaften privaten Sammlungen vertreten sind. Viele Arbeiten aber von nicht weniger renommierten und hoch (auch finanziell) geschätzten Künstlern haben mich gleichgültig gelassen. Christofer Kochs Werke jedoch haben irgendeine innere Seite meiner Seele berührt und Gefühle geweckt. Und das ist doch eigentlich die Aufgabe der Kunst. Falls dies gelingt, so meine Meinung, darf man sagen, dass ein Kunstwerk gelungen ist.
Viele der 29 ausgestellten Arbeiten (meist Öl auf Leinwand) sind in Zyklen mit philosophisch klingenden Bezeichnungen organisiert: »Resonanzboden«, »Die Rückseite der Wirklichkeit«, »Wiedersehen mit der Gegenwart«, »Die Stille ist auch ein Geräusch«, »Für immer ist nicht lang«. Sie verfügen über eine transzendentale Atmosphäre, die aus dem Zusammenspiel von angedeuteten, nicht detailliert dargestellten Personen, kompliziertem Hintergrund und Licht entsteht. Die von diesen Bildern vermittelten Gefühle stehen damit im Gleichklang. Sie stoßen die Gedanken des Betrachters sanft, aber beharrlich von unserer tagtäglichen Eitelkeit in die Richtung des Ewigen und existenziell Wichtigen. Rote Punkte an einigen Bildern zeigen, dass diese nicht nur mich beeindruckt haben.
Bei einem Betrachter Gefühle zu wecken, ist sehr kompliziert. Wir alle sind verschieden. Eine humanistische oder naturwissenschaftliche Ausbildung beispielsweise kann einen starken Einfluss auf unser Wahrnehmen von Schönheit haben. Für mich als Erfinder ist die Sicht auf Dinge von verschiedenen Seiten üblich, für andere könnte die Serie »Die Rückseite der Wirklichkeit« überraschend sein. Auch unsere Stimmung unmittelbar vor dem Betreten der Ausstellungsräume beeinflusst unsere Wahrnehmung. Bei einem wiederholten Besuch eröffnen sich manchmal andere, zuvor nicht bemerkte Aspekte.
Es ist also kein Wunder, dass eine künstlerische Arbeit bei einem Menschen starke Gefühle weckt – und andere gleichgültig zurücklässt. So ging es mir mit den vier in der Galerie Cyprian Brenner ausgestellten bildhauerischen Arbeiten. Ich sehe, dass das Material zielstrebig und sorgfältig geformt wurde, und weiß, dass sie von dem selben hochbegabten, von mir geschätzten Künstler geschaffen wurden. Ich vermute, dass die Ursache für dieses Urteil nicht in den Arbeiten selbst, sondern in meiner Wahrnehmung liegt, und hoffe, dass Sie, liebe Leser*innen, sich für Ihre Wahrnehmung öffnen. Ich denke, es lohnt sich. Die Ausstellung ist noch bis 26. September zu bewundern.