Ausstellungen & Kunstprojekte
Film

Good Weibs Only

a3kultur-Redaktion

Beim 2. »Lärmfilm-Festival« kommt der Feminismus nicht verbissen, sondern leichtfüßig und kreativ daher.

Der Plan des Mehrfrau KulturKollektivs, das Festival, das, anders als der Name vermuten lässt, ausschließlich Stummfilme zeigt, als begehbare Installation über das ganze Textilviertel verteilt an Hauswänden zu zeigen, wurde am vergangenen Freitag leider von der Witterung durchkreuzt. Dennoch fand das Kunstprojekt statt, nun in den Räumen des Provino-Club, was dank des Umstands, dass die Filme ohne Ton sind, simultan auf mehreren Leinwänden als Dauerschleife möglich war. Der Eintritt war, dank städtischer Unterstützung von der Gleichstellungsstelle der Stadt Augsburg, frei.

Neuer Geist in alter Stube

Die Vielfalt, sowohl in der Herangehensweise als auch in den verschiedenen Umsetzungen der Thematik, machte den Filmrundgang zu einem lebendigen, spannenden und oft amüsanten Erlebnis, und so zog es eine erfreulich große Anzahl an Besucher*innen – darunter nicht wenige Männer – in die ehemalige Kegelbahn mit ihrer Patina von rauchenden Männerrunden und Likörchen trinkenden Damenclubs aus lange vergangener Zeit.

Gar nicht angestaubt das Filmprogramm an diesem Abend: Ca. 80 Menschen vor allem jüngeren Datums haben an den zehn Filmen und am Festival selbst mitgewirkt. Viel Zeit war nicht, und das Budget auch eher schmal. Dazu kam manche durch das Pandemiegeschehen bedingte Einschränkung der künstlerischen Tatkraft. Das sieht man den Filmen zum Teil an, indes, es stört nicht, es ist schließlich (noch) ein Independent-Festival, und oft siegt die Kreativität und die Spielfreude über die technische Perfektion.

Super Tough oder supersanft

Die Palette der dramatis personae deckt das ganze FLINTA*-Spektrum ab. FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre,Trans- und Agender Personen – also für all jene, die auf Grund ihrer Geschlechtsidentität nicht selten im Alltag Diskriminierung, ja zuweilen auch Gewalt ausgesetzt sind. Darauf reagieren die Filmemacher*innen mit erfreulich wenig Wut oder Pessimismus. Ironie und Leichtigkeit dominieren das künstlerische Schaffen. Passend untermalt wurde dies durch eher sanfte Töne von der Femme Band »Lilla Blue«.

Unter den gezeigten Beiträgen fanden sich auch »stille« Filme, wie »Varieté« von Johanna Wehle, der vom Introvertiertsein erzählt, oder der experimentelle »Super Tough Guys«, Untertitel: »Der Ma?stab des Männlichen«.

Filme, wie »Tanzen statt Warten« geben sich heiterer, sprechen aber sicher vielen Frauen aus der Seele. Wieviel kostbare Lebenszeit geht denn schließlich verloren, wenn frau sich abends in endlosen Warteschlangen an der Toilette wiederfindet, während die Männer sich im flotten Rundlauf überschüssiger Flüssigkeit entledigen und viel mehr Zeit fürs Vergnügen haben? Beim Thema Work-Life-Balance (Film: »Zu schaffen vor dem Schaffen«) können dann sicher alle Geschlechter wieder mitfühlen und – angesichts der karikaturenhaft überzeichneten Situation  – auch mitlachen.

Zu erwähnen sei auch »Seilschaft«, der sich unter dem Zusatz »Good Weibs Only« stilistisch an den oft männlich dominierten Bergsteigerfilmen orientiert. Der Gipfel als Synonym für Freiheit und Erhöhung, das Seil als Zeichen weiblicher Solidarität.

Viel Message also, unter erschwerten Bedingungen und unentgeltlich in ein kleines, aber besonderes Event gepackt, mal subtil, mal plakativ, aber immer mit Herz und Lust am Machen.

Der klischeehafte, verbissene Feminismus von einst ist in diesem Umfeld nicht zu finden. Stattdessen keimt hier etwas Frisches, vielleicht auch Großes, dem man wünscht, dass es auch abseits der Großstädte Fuß fassen kann. Man darf gespannt sein, was das Mehrfrau KulturKollektiv in Zukunft noch auf die Beine stellt.

 

www.mehrfrau-kollektiv.de/projekte/lärmfilm