»Ob ihr wollt oder nicht, hier ist Hedwig!«

»Hedwig and the Angry Inch« feierte vergangenen Freitag im Augsburger Staatstheater Premiere. Und eines ist klar: Augsburg will Hedwig!
Die Inszenierung von Cornelia Maschner wurde mit langem Applaus begeistert gefeiert. 1998 im New Yorker Off-Broadway uraufgeführt, kämpfte sich das queere Musical über die Kinoleinwand zum mit vier Tonys prämierten Welterfolg. Seit dieser Spielzeit ist es nun auch auf der Brechtbühne im Gaswerk zu sehen, die mit zwei riesigen Konzertleinwänden und vielen Scheinwerfern auf das einstimmt, was folgt: Neunzig Minuten grandiose Live-Musik dank der fabelhaften Band unter der Leitung von Stefan Leibold. Und dann betritt SIE die Bühne: Hedwig. Ihre Stimme und Präsenz versetzen das Publikum in eine andere Zeit und lassen es doch stets in die Gegenwart zurückkehren: Glamrock, Countrymelodien, Punkrockelemente, sanfte Balladentöne und amerikanische Trailerpark-Romantik, immer wieder gespickt mit aktuellen sozialkritischen Verweisen und bissigen Kabarettmomenten, durch die Hauptdarsteller Thomas Prazak stimmgewaltig und bravourös führt.
»Mir hat es extrem viel Freude bereitet, Hedwig kennenzulernen. Sie ist ein Geschenk! Bigger than life, aber im Herzen eine Figur mit einer zutiefst menschlichen Geschichte. Wer mit soviel Witz, Mut, Kraft, Verve und vollem Karacho mit den Herausforderungen umgeht, die ihr das Leben stellt, versucht den Platz darin und die eigene Identität zu finden, ist eine absolut inspirierende Persönlichkeit«, erzählt der Schauspieler.
Im Musical geht es um die Geschichte der Sängerin Hedwig: als Junge in Ostberlin geboren, tourt sie nach einer verpfuschten OP, bei der vom Geschlechtsteil nur ein »Angry Inch« übrig bleibt, als Sängerin durch die USA. Bizarre Ereignisse, ihre Transition, Erfolge und Niederlagen, ihr Gefühlsleben – Hedwig zieht auf allen Ebenen blank und ist Diva, Dragqueen, Rockstar und traumatisierte Person in einem. Jede*r findet etwas von sich selbst in ihr. Haben wir uns denn nicht alle schon einmal fremd gefühlt?
Lustig, ernst, traurig, klug – neben den fabelhaften Videoclips (Pius Neumaier) und dem haarigen Dress (Bühne & Kostüm: Lisa Geller) bleiben vor allem das Talent von Schauspieler Luca Skupin aka Dragqueen Maeve D’Isabel, die mitreißende Musik und das beeindruckende und berührende Spiel von Thomas Prazak im Gedächtnis. Ein absolut sehenswerter Abend. Augsburg will nicht nur Hedwig and the Angry Inch, es braucht sie auch.