Im Sommer 2021 ging in Bayreuth eine konzertante Aufführung der Wagnerschen Walküre über die Bühne: im Vordergrund agierten die schwarzgewandeten Sänger*innen, dahinter schütteten und spritzten weißgekleidete Menschen mit Verve Farbe auf Boden und große Leinwände. Federführend war der österreichische Aktionskünstler Hermann Nitsch, dessen neue Arbeiten – darunter auch die Endprodukte der Bayreuther Aktion – nun in der Galerie Noah zu erleben sind.
Der 1938 geborene Nitsch, Protagonist des Wiener Aktionismus, war in früheren Jahrzehnten berühmt-berüchtigt für seinen teils brachialen Umgang mit christlich-religiösen Denkmustern und Symbolen. Er strebt (wie auch Wagner) das Gesamtkunstwerk an und setzt – parallel zu seiner Kritik daran – auf eine stark mystisch-religiös geprägte Symbolik: Herunter rinnende rote Farbe, die als Blut gelesen werden kann, oder Malhemden, die in der Anmutung einer Kreuzigung auf den Malgrund aufgebracht sind.
Im Glaspalast wird Nitschs Herangehensweise der Kunst als Passion (im Sinne des Leidensweges) deutlich gemacht – auch wenn die Bilder lediglich die Ergebnisse der Aktion dokumentieren können. Die großen Schüttbilder, teils auf grober rauher Leinwand, entwickeln mit ihrem in großer Geste aufgetragenem pastosen Farbauftrag dennoch eine erstaunliche mit Händen greifbare Sinnlichkeit.
www.galerienoah.com | Hermann Nitsch – Neue Arbeiten | bis 16. Januar 2022