Man sollte die Vorsichts-Handbremse lösen und dieses so hochwertige Klassikevent lieber mit Maske als gar nicht mitnehmen und aus vollem Herzen genießen. Derart geballtes Virtuosentum inklusive unzähliger »Magic Live Moments« wie sie die Programme des Mozartfests erlebbar machen, sind rar und zu kostbar, um versäumt zu werden.
Es war atemberaubend, wie sich der amerikanische Ausnahmemusiker Cameron Carpenter (*1981) der aufwändig generalsanierten Steinmeyer-Orgel im Kongress am Park bemächtigte und ihr mit seinem Können die allerhöchste Klangweihe verlieh. Er zauberte mit den für Orgel adaptierten Goldberg-Variationen, illustrierte im Präludium und Fuge in Es-Dur sein (Album-)Statement »All you need is Bach«! Ohne äußere Regung setzte er in seinem auf höchste Akkuratesse getrimmten Manual- und Pedalmarathon spieltechnische Grenzen außer Kraft und »swingte« sich zum Finale in die raffiniert registrierte, in drei Sätzen symphonisch durchdrungene Improvisation hinein. Für räumliche und ideelle Nähe zwischen Interpreten und Hörern sowie berückend verbindende Klangerlebnisse sorgte am Tag vorher die speziell für das Mozartfest installierte Arenabestuhlung im Kleinen Goldenen Saal. Erlesen das Programm, mit dem das inzwischen weltweit, in Augsburg bereits zur Pause lautstark gefeierte Danish String Quartet zur unverkrampften und von sinnlicher, tänzerischer Energie beflügelten Mozartreferenz antrat. Purcells betörende »Chacony«, bereichert mit dem zweiten Streichquartett von Britten als geistreiche Hommage an die Basslinienstilistik des Landsmannes – hier demonstrierten diese vier in sich und sich gegenüber gesetzten Musiker, wohin das Einssein im musikalischen Empfinden und Ausdruck führt, was man unter heutiger kammermusikalischer Expertise versteht. Schlicht betörend und so besonders wie diese sympathisch-virtuosen Dänen hätte man auch die skandinavischen Traditionals noch lange weiterhören wollen. Die Auftaktabende am 5. und 6. Mai brachten diesmal die nahezu ausverkauften »Freistil«-Konzerte im wirklich ganz großen Stil: Das lange schon etablierte musikalische Dreamteam Sarah Christian (Violine) und Cellist Maximilian Hornung (Bild © Fabian Schreyer) hatten 14 Musiker*innen plus Roberto González-Monjas als Mahler-Dirigenten in den Kleinen Goldenen Saal eingeladen. Auf künstlerisch höchstem Niveau traten sie mit Klaviertrio(s), im mitreißenden (Beethoven-)Septett und als virtuoses Kammerensemble im angesagten »State of the Art«-Modus an, um insbesondere den Facettenreichtum funkelnd gespielter Kammermusik, aber auch das Potenzial und die Grenzen sinfonischer Bearbeitungen auszuleuchten. Ein Muss: die verbleibenden fünf Konzertevents – allen voran das Chamber Orchestra of Europe und François Leleux am 27. Mai im Kongress am Park oder das innovative Musiktheater »Box-Salon« inklusive echtem Boxkampf und natürlich Mozarts »Krönungsmesse« mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks.