Sieben Schauspielende stehen auf der Bühne, alle ganz in Weiß mit identischen Perücken. Nacheinander treten sie an Mikrofone, nehmen Geräusche und Phrasen auf, die zusammen nach und nach ein undurchdringliches Durcheinander geben. Beinahe ohrenbetäubend prasselt es auf die Zuschauenden ein: Das Leben von Mary Page Marlowe.
In verschiedenen Episoden entfaltet sich das Porträt einer Frau. Ihre Erfahrungen als Tochter, Mutter, Ehefrau und Geliebte offenbaren sich nicht chronologisch, aber immer aufeinander Bezug nehmend. Die Schauspielerinnen wechseln sich bei ihrer Darbietung ab, springen von Rolle zu Rolle und verleihen der Figur damit noch mehr Tiefe. Es ergibt sich das komplexe Bild eines Frauenlebens, das von Geltungsdrang, Verzweiflung, Liebe und Stärke gleichermaßen geprägt ist.
Die junge Mary Page möchte nichts lieber als selbstbestimmt leben, vielleicht in ihrer Traumstadt Paris, und lehnt sogar einen Heiratsantrag ab, um ihre Unabhängigkeit zu wahren. Und doch wird aus ihr eine geschiedene Mutter, die in Kentucky lebt, dem Alkohol verfällt und schließlich sogar vor Gericht steht. Das Stück erzählt von einer Frau, die gegen die Erwartungen ankämpft, die nach Freiheit und Selbstbestimmung sucht und letztlich doch scheitern muss. Zu viele Barrieren, zu wenig Möglichkeiten stehen der jungen Frau offen, bis sie schließlich dem Druck nachgeben muss und sich selbst verliert. »Ich bin nicht die, die ich bin. Ich tu nur so.« beschreibt Mary Page den Konflikt zwischen sich und der Gesellschaft.
Das Schauspielensemble nimmt sich der schier unmöglichen Aufgabe, Mary Page zu erzählen, mit Bravour an. Dabei bleibt die Figur immer menschlich, mit allen Stärken und Schwächen, ungeschönt und authentisch. Die packende Schauspielleistung, das Bühnenbild und die akustische Untermalung des Stücks greifen perfekt ineinander. Ganz geradeheraus: »Mary Page Marlowe« ist ein absolutes Theaterhighlight.