Wussten Sie das »The Rocky Horror Picture Show« der Film mit der längsten Laufzeit in der deutschen Kino-Geschichte ist? In den Münchener Museum Lichtspielen steht der Streifen seit 40 Jahren ununterbrochen im Programm. Ein eigens eingerichteter Saal ist der Kulisse des Films nachempfunden. Das Jubiläum des Films im Juni wurde mit einem 40-Stunden-Marathon gefeiert. Ob die Freilichtbühne am Roten Tor solange bespielt werden darf, ist eher fraglich – an das Wohlergehen der Schauspieler möchte man dabei gar nicht erst denken. Nichtsdestotrotz zeigte sich bei der Premiere der diesjährigen Open-Air-Produktion, dass der Kult um Richard O'Brien's Musical ungebrochen ist.
Zahlreiche Zuschauer kamen verkleidet, um in das schrille Universum Frank N. Furters einzutauchen, und auch die »Fanbags« – Wasserspritzpistole, Konfetti, Zeitung, Kreppband, Knicklicht und ein Bierdeckel mit Toastbrotaufdruck – fanden ihre Käufer. Das aktive Mitmischen der Zuschauer in bestimmten Szenen gehört zum Rocky-Kult wie Strapsen und roter Lippenstift. Beispiele gefällig? Wenn Furter sein Glas erhebt und sagt »A toast!«, wird mit den »Toastbrotscheiben« geworfen. Jedes Mal, wenn der Name Eddie fällt, reagiert das Publikum mit »Shht!«-Rufen. Und beim »Time Warp« tanzen natürlich alle mit. Dankenswerterweise liefert das Theater Augsburg eine Anleitung für Neueinsteiger gleich mit.
Diese Mitmach-Zeremonien klappen überraschend gut – auch wenn sich der ein oder andere Premierenbesucher erst mal irritiert umdreht und durch die ungewöhnlich enthusiastische Runde blickt. Überhaupt macht die mit zahlreichen kreativen Einfällen gespickte Inszenierung (Regie: Christian Brey) unglaublich Laune. Vor einem grandiosen Bühnenbild (Bühne und Kostüme: Anette Hachmann und Elisa Limberg) geraten Brad und Janet (Sebastian Baumgart und Marlene Hoffmann als anfangs braves, später ungezügeltes 70er-Trash-Pärchen) in die Fänge von Dr. Frank N. Furter (präsent und stimmgewaltig: Andreas Köhler) und seinen Getreuen Magenta, Riff Raff und Columbia (erprobte Musicalprofis: Kira Primke, Andy Kuntz und Peti van der Velde). Die völlig abgedrehte Science-Fiction-Horror-Travestie-Rock-'n'-Roll-Show nimmt ihren Lauf. Die sechsköpfige Rocky-Horror-Band unter der Leitung von Jazzer Tim Allhoff präsentiert die Balladen und Rocknummern (»Science Fiction/Double Feature«, »Time Warp«, »Sweet Transvestite« …) gebührend schwungvoll.
Die »Rocky Horror Show« ist eine große, schrille Glam-Party, ein temporeiches und ausgelassenes Bühnenspektakel, das bis Ende Juli 25 Mal zu sehen ist – let's do the time warp again (and again and again and again …)! Alle Termine und Tickets unter:
www.theater-augsburg.de
Foto (Nik Schölzel): Peti van der Velde, Andreas Köhler, Kira Primke
Theater & Bühne
Fliegendes Toastbrot
4. Juli 2017

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