Die laufende Spielzeit setzt auf Familientragödien. Resultat dieser: ein Haufen Toter, nur zwei Überlebende: Horatio, der Studienfreund Hamlets und Fortinbras, der schließlich den dänischen Thron besteigen wird. Ohne Kürzungen würde dieses Drama sechs Stunden dauern. Das Dilemma, irgendetwas weglassen zu müssen, bietet aber zugleich die Chance zur Fokussierung. Markus Trabusch konzentriert sich in seiner drei-Stunden-Version des bekanntesten Stückes von Shakespeare auf die emotional-privaten und geistig-philosophischen Aspekte der Geschichte. Den politisch-gesellschaftlichen Aspekt (somit auch Fortinbras) lässt er weg.
Trabusch stützt sich auf die - nicht unproblematische - Neu-Übersetzung von Roland Schimmelpfennig, verkneift sich dennoch nicht Sätze wie das unvermeidliche „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ aus der alten Schlegel-Tieck-Fassung.
Auf einer schiefebenen Drehbühne (Ines Nadler), Festung und Festsaal zugleich, kämpfen sich die Akteure bergauf oder müssen sich bergab vor dem Herabstürzen hüten. So oder so: sie sind in ihrem Handlungsspielraum beeinträchtigt. Dem Zuschauer wird Überblick entweder total oder gar nicht gewährt, eine weitblickende Klarheit wird ihm verweigert.
In diesem strengen Setting wird das Geschehen immer wieder durch instrumentale Intermezzi (Adrian Sieber an der elektrischen Gitarre) akzentuiert. Und die Schauspieler greifen zum Mikrofon und singen, gut: Lea Saalfeld (Ophelia)! Rosencrantz und Guildenstern treten mit Plastikpalme und Sixpack an; Hamlet und Laertes absolvieren ihr Duell mit bunten Leuchtröhren-Schwertern, unterlegt mit elektronischem Waffengeklirr. Das Drama wird zum Pop-Spektakel; kann man machen.
Doch die Darsteller werden in eine hektische Spirale hineinmanövriert, sie schrammen scharf am Rande unfreiwilliger Komik entlang. Der zeitweilige Slapstick funktioniert nicht. Der Versuch, dem Deklamations-Pathos zu entgehen, endet bisweilen in nervigem Gehampel und Rumgerenne und hektischem Overacting. Vor allem Tjark Bernau als Hamlet agiert schrill und überdreht, letztendlich nicht überzeugend.
Das Bühnengeschehen fesselt dennoch, das tut es bei Shakespeare immer. Doch die Inszenierung läuft nicht rund, das Zusammenspiel wirkt fahrig, fällt auseinander. Da wäre mehr drin gewesen. (bek)
Die nächsten Vorstellungen: Fr 11.04., Mi 23.04., Sa 26.04.